2023

Wüste der Wirklichkeiten

Essay von Heimo Ranzenbacher

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Wüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia Mazzanti
esc medien kunst labor Desert of Realities Flavia Mazzantiesc medien kunst labor Desert of Realities Flavia Mazzanti
impuls akademie 2023 im esc medien kunst laborimpuls akademie 2023 im esc medien kunst labor
Lutz EllrichLutz Ellrich
Situated InfrastructuresSituated Infrastructures

Situated Infrastructurestermin

Ort: [esc] medien kunst labor

Verortete Infrastrukturen
Was sind situierte Infrastrukturen?
Infrastrukturen sind Dinge, die Dinge bewegen. Sie definieren oft, wie wir leben und was wir tun oder nicht tun können, während sie für sich selbst Unsichtbarkeit beanspruchen. In diesem Modul werden wir uns auf digitale Infrastrukturen wie die Server und Online-Dienste konzentrieren, die wir täglich nutzen, und darauf, wie wir sie verändern möchten. Situiertheit bedeutet zunächst einmal, einen Ort zu haben, einen spezifischen Standort, was möglicherweise im Widerspruch zur angeblichen Allgegenwärtigkeit digitaler Infrastrukturen steht. Die Wissenschaftsphilosophin Donna Haraway hat den Begriff in ihrem feministischen Essay "Situated Knowledges" verwendet, um zu beschreiben, dass alles Wissen an bestimmte Perspektiven gebunden ist und dass diese verstanden werden müssen, um Rechenschaft ablegen zu können. Als Wissenschaftlerin suchte Haraway also nach verlässlichem Wissen über die Welt und nach der Möglichkeit, scheinbar objektive und allgemeingültige Behauptungen darüber, was die Welt ist, zu kritisieren. Einen ähnlichen Ansatz wollen wir in Bezug auf Infrastrukturen verfolgen.

 

Wann sind Server feministisch?
Haraways Denken ist einer der Einflüsse, wenn es darum geht, aktuelle Technologien auf unterschiedliche Weise zu konzeptualisieren. Ihr kritisches Denken steht im Einklang mit einer sich entwickelnden Wunschliste für alternative und verantwortungsvolle Technologien. Eine frühe Version dieser Liste kursiert seit 2014 als The Feminist Server Manifesto 0.01. Sie begreift Technologien nicht mehr als zentralisiert und isoliert von menschlichen und anderen flüchtigen Körpern, sondern als etwas, das allen dient. Und es stellt die Bedingungen für das Dienen und den Dienst radikal in Frage, indem es die technokratische Idee der nahtlosen Funktionalität mit ganzheitlicher Diskursivität in Frage stellt.

 

Was wollen wir tun?
Wir wollen digitale Infrastrukturen als politische, soziale und ästhetische Technologien verstehen und versuchen, all diese Dimensionen anzusprechen. Wir werden uns mit zeitgenössischen Diskursen über solche Systeme auseinandersetzen, um unsere eigenen Systeme zu konzipieren und aufzubauen. Wir werden lernen, wie man kleine Computer einrichtet und Dienste erstellt, die hoffentlich nützlich oder interessant für andere sind. Dabei kann es sich um Dateiserver, Radiosender oder irgendetwas anderes handeln, das unsere Bedürfnisse nach Kommunikation, Selbstdarstellung und Erinnerung unterstützt. Und wir werden unsere Ergebnisse in diesem Prozess mit Gästen diskutieren, die ähnliche Dinge im Bereich der Kunst und des Aktivismus erforscht haben.

 

Sollte ich mitmachen?
Vielleicht fangen Sie damit an, das Feministische Server Manifest 0.01 zu lesen, das für uns am Anfang der Planung des Moduls stand. Klingt es interessant, auch wenn es vielleicht verwirrend ist? Das Modul setzt keine technischen Vorkenntnisse voraus, sondern einfach nur die Neugierde, etwas davon zu lernen, so wie wir auch Texte lesen und diskutieren werden. Infrastrukturen sind von Natur aus etwas Soziales. Die Bereitschaft, mit anderen zu arbeiten oder sie in Ihre Projekte einzubeziehen, ist also eine gute Voraussetzung, um Spaß an "Situated Infrastructures" zu haben.

Technologies of Disobedience, HardwareTechnologies of Disobedience, Hardware

Technologies of Disobediencetermin

Ort: [esc] medien kunst labor

Techno-Disobedience konzentriert sich auf den künstlerisch-aktivistischen Widerstand gegen die technologische Beherrschung durch staatliche Kontrollregime und GAFAM-Konzerne.

Im Rahmen von Arbeitssitzungen, Workshops und künstlerischen Forschungsaufträgen befasst sich das Projekt mit Techniken des Ungehorsams als Mittel, um das Paradigma einer alles kontrollierenden und regulierenden Technologie in Frage zu stellen und Widerstand zu leisten.

Wenn der zivile Ungehorsam veranschaulicht, wie man sich einem Gesetz widersetzen kann und sollte, das man für ungerecht hält, so wird der technologische Ungehorsam hier als Frage gestellt: Welche Verpflichtungen fühlen wir uns von Big PATCH (patriarchalisch-kolonialer Big-Tech-Fortschritt) auferlegt und was könnte es bedeuten, ihnen nicht zuzustimmen, sich zu verweigern, nicht zu gehorchen?

Im Alltag kann man bereits winzige Formen der Abweichung von den unausgesprochenen, aber tief empfundenen Verpflichtungen, zu konsumieren, auf dem Laufenden zu bleiben, vernetzt zu sein, zu produzieren, sich als Datensubjekt darzustellen, feststellen. Aber…

– Nutzen Sie manchmal die öffentliche Verkehrsmittel, ohne zu bezahlen?

– Haben Sie eine kleine manuelle Abdeckung für Ihre Kamera auf Ihrem Laptop oder Telefon?

– Versuchen Sie immer, Ihre Geräte zu reparieren, bevor Sie neue kaufen?

Von banalen individuellen Handlungen bis hin zu kollektiven koordinierten Verweigerungshandlungen ist der technische Ungehorsam vielfältig und allgegenwärtig.

Jede Zeit bringt ihr eigenes Bedürfnis nach Ungehorsam mit sich, aber wie wird dieses Wissen weitergegeben? Um diese Frage zu beantworten, werden wir frühere Werkzeuge des Widerstands ausgraben, um den Boden neu zu beleben, und wir werden überlegen, wie wir die Technik am besten zurückfordern und erkennen, dass es bei diesem Vorstoß um Arbeit, Pflege, Antirassismus, queeres Leben und trans*feministische Technopolitik geht.

Die kollektive Forschung, die dabei entsteht, zielt darauf ab, sich zu vernetzen und sich gegenseitig zu befruchten, neue Wege zu finden, um die sozialen und politischen Erwartungen, die mit den autoritären turbo-kapitalistischen Rahmenbedingungen von Big PATCH einhergehen, zu umgehen, umzuleiten und ihnen zu widerstehen.

Lasst uns gemeinsam verschlungene Pfade verschränkter und lebenswerter Techno-Leben beschreiten.

 

Constant, Association for Art and Media, (BEL) untersucht digitale künstlerische Praktiken durch das Prisma einer feministischen und intersektionalen Perspektive. Darüber hinaus wendet Constant die Philosophie der Kultur der Freien Software auf diese Praktiken an, wobei der Schwerpunkt auf der gemeinsamen Nutzung von Werkzeugen, der Weitergabe von Wissen und Know-how sowie der erneuten Ausarbeitung und Vervielfältigung von Inhalten liegt.

Constant arbeitet auf drei Hauptachsen:

– Forschung und Experimentieren mit kollaborativen künstlerischen Praktiken;
– eine kritische Analyse der digitalen Technologien und ihrer Auswirkungen auf unsere Realität;
– die Entwicklung, Unterstützung und Förderung von freier Software und Lizenzen sowie die Erforschung von Alternativen zum Urheberrecht.

United Workers InternationalUnited Workers International

Zu Gast im esc mkl: United Workers – Internationaltermin

Ort: [esc] medien kunst labor

20 Uhr  – Artist Talk

ab 21 Uhr – United Workers International live

mit Juan Pablo Trad Hasbun (Bass), Guillermo Villegas Alemán (Schlagzeug), Susi Rogenhofer (Electronics), Manni Montana (Electronics)

 

Die ausbeuterischen Bedingungen und die immanente Wachstumslogik des kapitalistischen Wirtschaftssystems, die beide letztendlich mitverantwortlich sind für die planetarische Notlage, in der wir uns gerade befinden, ist auch Thema von „United Workers“.

Im kapitalistischen System wird das arbeitende Subjekt vor allem als Kostenfaktor betrachtet, den es gilt, möglichst gering zu halten und effizient zu nutzen. Aus der Perspektive kapitalistischer Augen existiert die Arbeitskraft primär nur als Zahl, aber nicht als Mensch mit all seinen Bedürfnissen, Empfindungen und Rechten. Oftmals entsteht der Eindruck, als würden Menschen in diesem System gar nicht relevant und existent sein. Stattdessen dreht sich alles um Waren, Zahlen und Profit. In „United Workers“ werden Arbeitende* aus ihrer marginalisierten Position hervorgeholt, indem diese sichtbar und deren Arbeit hörbar werden.
Bilder und Sounds der Arbeit und der Arbeitenden* werden dabei Teil einer audiovisuellen Inszenierung, die auch Einblicke in unterschiedliche Arbeits- und Produktionswelten bieten.

Das Motiv der Arbeiter*innen wird darin ästhetisch in die Gegenwart transferiert. Das Sujet, die seit Zerfall des Kommunismus für lange Zeit verschwunden war, soll angesichts der repressiven und ausbeuterischen Bedingungen in den aktuellen Arbeitswelten wieder rehabilitiert werden – allerdings ohne großes Heldenpathos.
Auch auf der akustischen Ebene wird die Idee einer Arbeiter*innenmusik des 21. Jahrhunderts aufgegriffen. Sounds wie Maschinen- und Handwerksgeräusche werden dabei in eine elektroakustische Komposition verwandelt und bieten die Grundlage für Improvisationen.
„United Workers“ ist auch ein Statement gegen die immer schwächer werdenden solidarischen Vereinigungen. Zunehmend werden diese auch verunmöglicht, da oftmals arbeitende Menschen isoliert tätig sind. Das künstlerische Werk möchte weltweit Menschen zu einem lauten, starken Gemeinsamen – wider der neoliberalen Atomisierung, Entpersonalisierung und Wegrationalisierung – zusammenfügen.

 

Das Langzeit-Projekt wurde bereits 2021 in Wien begonnen. Susi Rogenhofer führte dieses im öffentlichen Raum u.a. mit dem Klangforum Wien u. FM Einheit (Ex-Einstürzende Neubauten) auf. Nun wird United Workers international und überregional und integriert Arbeiter*innen aus verschiedenen Orten der Welt in das Werk. Die erste Station ist dabei Mexiko, aber auch Arbeiter*innen aus der Steiermark haben ihren Auftritt darin.

In beiden Regionen spielt nach wie vor das Handwerk bzw. das Kunsthandwerk eine starke Rolle. Das Projekt thematisiert dieses und somit auch die Bedeutung der manuellen Arbeit in der Arbeitswelt 4.0. Aber nicht nur handwerkliche Fähigkeiten und Traditionen und für die Arbeit notwendigen Technologien verbinden, sondern vor allem das Joch der Arbeit.
Mit den Mitteln der Kunst werden somit Distanzen, seien sie geografisch, sprachlich, kulturell oder sozial, überwunden und die gemeinsame Existenz als Arbeiter*in inszeniert.Für die künstlerische und musikalische Umsetzung sind Künstler*innen aus beiden Ländern und Regionen involviert. Für den Auftritt im esc medien kunst labor konnten die aus Mexiko stammenden und in Graz lebenden Musiker Juan Pablo Trad Hasbun und Guillermo Villegas Alemán gewonnenen werden.

Wüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia MazzantiWüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia Mazzanti

Verlängert: Wüste der Wirklichkeitentermin

Ort: [esc] medien kunst labor

Die Matrix ist die Welt, die über deine Augen gestülpt wurde, damit du blind für die Wahrheit bist. [Morpheus im Film Matrix]

Der Titel Wüste der Wirklichkeiten zitiert eine Szene im ersten, 1999 erschienenen Teil der Matrix-Quadrologie der Wachowskis, worin zwei Realitäten konfrontiert werden.

Die eine gleicht der, die das Publikum als die ihre erkennt, mit der es sich mehr oder weniger arrangiert hat; diese stellt der Film als ein allumfassendes Simulacrum, als die Matrix vor. Die andere Realität wird als die Wüste der Wirklichkeit apostrophiert, diese ist im Unterschied zur allgemeinen Erfahrungswirklichkeit eine apokalyptische Ruinenlandschaft. Dabei verweist die Szene zugleich auf die Simulation (durch den aus ihr heraus sich auftuenden Blick wird der Unterschied evident) und eine Realität, die beansprucht, wirklicher zu sein, indem sie erschüttert durch die Vorstellung, diese Realität erleiden zu müssen.

Die Dualität Wirklichkeit/Fiktion bzw. Simulation hat besonders vor der Jahrtausendwende kulturtheoretische Aufmerksamkeit erhalten. Wir nehmen sie wieder in den Blick – heute mit Fokus auf die Realität der vormals oft nur spekulativ, theoretisch und extrapolierend, vielfach als Vorschein angesprochenen Verhältnisse und Dinge – etwa auf realisierte Systeme der Künstlichen Intelligenz und deren breite Anwendung sowie aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, die eine Wüstenbildung befeuern.

Digitale Infrastrukturen und vernetzte Technologien sind längst Alltag geworden, durchdringen nahezu sämtliche Lebensbereiche. Die Welt scheint berechenbar, unser Körper und unser Handeln codierbar.

Bereitwillig werden Verantwortung und Kompetenzen Maschinen (ausgestattet mit selbstlernenden Programmen) überantwortet, deren Funktionsweisen – quasi im Gegenzug – sukzessive in unserem Körper und in unserem Bewusstsein ebenso wie in unseren sozialen Beziehungen wirksam werden. Eine neue Dimension dieser Prozesse wurde erreicht, als wir begonnen haben, Algorithmen ethisch-moralische Entscheidungen zuzubilligen. Bedroh-liche Brisanz gewinnt diese Entwicklung vor allem angesichts autonomer Systeme (z.B. Drohnen), die über Freiheit und Repression und sogar über Leben und Tod entscheiden können.

Mit dem Programm Wüste der Wirklichkeiten soll zum Blick auf politische wie technische Formate der „Simulation“ im Licht der Gegenwart auch ein Blick auf Wirklichkeiten geworfen werden, wie sie in den Folgen des Klimawandels, der Zerstörung riesiger Landflächen bei der Gewinnung von Rohstoffen, der Verschmutzung der Meere und Seen, von Grundwasser und Quellen sichtbar werden. Ebenso wie in der Zerstörung der Natur hat das Ruinöse und Ruinierte seine Entsprechung in der Erosion sozialer und demokratiepolitischer Errungenschaften.

Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, ob ein Leben, wie es (in Europa) weitgehend als real erfahren und gelebt wird, nicht schon längst einer Art „Matrix“ geschuldet ist. Die Metaphorik der Wüste erlaubt gleichzeitig auch die Frage nach „Wasser“ und „Möglichkeiten der Bewässerung“. Denn – das besagen Erfahrung und das Prinzip Hoffnung – Wüsten können temporär und punktuell (wieder) zum Blühen gebracht werden.

Wüste der Wirklichkeiten, Flavia MazzantiWüste der Wirklichkeiten, Flavia Mazzanti
Wüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia MazzantiWüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia Mazzanti

Führung und Gesprächtermin

Ort: [esc] medien kunst labor

Die Matrix ist die Welt, die über deine Augen gestülpt wurde, damit du blind für die Wahrheit bist.
[Morpheus im Film Matrix]

Führung zu Wüste der Wirklichkeiten mit Reni Hofmüller und Ilse Weber

Der Titel Wüste der Wirklichkeiten zitiert eine Szene im ersten, 1999 erschienenen Teil der Matrix-Quadrologie der Wachowskis, worin zwei Realitäten konfrontiert werden.

Die eine gleicht der, die das Publikum als die ihre erkennt, mit der es sich mehr oder weniger arrangiert hat; diese stellt der Film als ein allumfassendes Simulacrum, als die Matrix vor. Die andere Realität wird als die Wüste der Wirklichkeit apostrophiert, diese ist im Unterschied zur allgemeinen Erfahrungswirklichkeit eine apokalyptische Ruinenlandschaft. Dabei verweist die Szene zugleich auf die Simulation (durch den aus ihr heraus sich auftuenden Blick wird der Unterschied evident) und eine Realität, die beansprucht, wirklicher zu sein, indem sie erschüttert durch die Vorstellung, diese Realität erleiden zu müssen.

Die Dualität Wirklichkeit/Fiktion bzw. Simulation hat besonders vor der Jahrtausendwende kulturtheoretische Aufmerksamkeit erhalten. Wir nehmen sie wieder in den Blick – heute mit Fokus auf die Realität der vormals oft nur spekulativ, theoretisch und extrapolierend, vielfach als Vorschein angesprochenen Verhältnisse und Dinge – etwa auf realisierte Systeme der Künstlichen Intelligenz und deren breite Anwendung sowie aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, die eine Wüstenbildung befeuern.

Digitale Infrastrukturen und vernetzte Technologien sind längst Alltag geworden, durchdringen nahezu sämtliche Lebensbereiche. Die Welt scheint berechenbar, unser Körper und unser Handeln codierbar.

Bereitwillig werden Verantwortung und Kompetenzen Maschinen (ausgestattet mit selbstlernenden Programmen) überantwortet, deren Funktionsweisen – quasi im Gegenzug – sukzessive in unserem Körper und in unserem Bewusstsein ebenso wie in unseren sozialen Beziehungen wirksam werden. Eine neue Dimension dieser Prozesse wurde erreicht, als wir begonnen haben, Algorithmen ethisch-moralische Entscheidungen zuzubilligen. Bedroh-liche Brisanz gewinnt diese Entwicklung vor allem angesichts autonomer Systeme (z.B. Drohnen), die über Freiheit und Repression und sogar über Leben und Tod entscheiden können.

Mit dem Programm Wüste der Wirklichkeiten soll zum Blick auf politische wie technische Formate der „Simulation“ im Licht der Gegenwart auch ein Blick auf Wirklichkeiten geworfen werden, wie sie in den Folgen des Klimawandels, der Zerstörung riesiger Landflächen bei der Gewinnung von Rohstoffen, der Verschmutzung der Meere und Seen, von Grundwasser und Quellen sichtbar werden. Ebenso wie in der Zerstörung der Natur hat das Ruinöse und Ruinierte seine Entsprechung in der Erosion sozialer und demokratiepolitischer Errungenschaften.

Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, ob ein Leben, wie es (in Europa) weitgehend als real erfahren und gelebt wird, nicht schon längst einer Art „Matrix“ geschuldet ist. Die Metaphorik der Wüste erlaubt gleichzeitig auch die Frage nach „Wasser“ und „Möglichkeiten der Bewässerung“. Denn – das besagen Erfahrung und das Prinzip Hoffnung – Wüsten können temporär und punktuell (wieder) zum Blühen gebracht werden.

Wüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia MazzantiWüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia Mazzanti
Wüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia MazzantiWüste der Wirklichkeiten, Sujet Flavia Mazzanti
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Planetarische Notlagetermin

Ort: [esc] medien kunst labor

Planetarische Notlage: Über grünen Kapitalismus, die Revolution der letzten Generation und die Versuchungen protektionistischer Technokratie

Bildsujet: SALAR : EVAPORATION von Anna Friz und Rodrigo Rios Zunino

 

„Der Klimawandel fordert zunehmend Tribut. Die Naturkatastrophenbilanz 2022 ist dominiert von Ereignissen, die nach dem Stand der Forschung stärker oder häufiger werden. Manche auch beides zugleich. Zudem ist erschreckend, was sich immer wieder zeigt: Naturkatastrophen treffen Menschen in ärmeren Ländern besonders stark.“ [Thomas Blunck, Vorstandsmitglied der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft, 2022]

 

„Klimaschutz ist nur möglich, wenn wir den Kapitalismus abschaffen.“[Ulrike Herrmann 2022]

 

„Was mich am meisten beunruhigt, ist, dass wir angesichts dieser globalen Krise nicht in der Lage sind, als multilaterale Gesellschaft zusammenzuarbeiten. … Wir haben die Wahl. Entweder handeln wir zusammen oder wir begehen kollektiven Suizid“

[António Guterres, 2022]

 

Essay von Jutta Weber

Unsere planetarische Notlage ist unterdessen weitgehend Common Sense: Das Ignorieren der Pariser Klimaziele1 durch Politik und Industrie, explodierende Rüstungszahlen und zunehmende kriegerische Konflikte um Einfluss und Ressourcen, Pandemien, Inflation und implodierende Infrastrukturen (Wohnen, Bildung, Gesundheit, Altersversorgung), die Armut im globalen Süden und die steigenden Zahlen von zur Migration gezwungenen Menschen – all dies und viel mehr kennzeichnet diese Multi-Krise.

 

Während ich diesen Text schreibe, finden erbitterte Kämpfe um Lützerath statt – ein kleines Dorf, das von Hunderten von Aktivist:innen besetzt ist, die verhindern wollen, dass der Energiekonzern RWE nach einem Brown New Deal mit der rot-grün-gelben Regierung dieses nun doch noch wegbaggern darf, um nicht2 benötigte Kohlemengen aufzuschließen. Rätselhaft ist, wie man auf dieser Grundlage das völkerrechtlich verbindliche Pariser Ziel von 1,5 Grad einhalten will. Und während der Energiekonzern RWE sicherlich auch das seit zwei Jahren von Aktivist:innen bewohnte Lützerath als störenden Hotspot der Klimabewegung beseitigen will3, ist nach der gewaltsamen Räumung durch 1.500 Polizist:innen Lützerath zugleich zu einem internationalen Symbol im Kampf gegen den Klimawandel und für das Versagen der Politik geworden. Erst kurz zuvor machte der erste Bericht, des von der Regierung eingesetzten Rats der Klimaratexpert:innen deutlich, dass Deutschland – einer der größten Verbraucher von CO2 – wieder seine Klimaziele nicht eingehalten hat (ERK 2022; vgl. auch Agora Energiewende 2023). Angesichts dieser und ähnlicher Entwicklungen nimmt die Sorge angesichts des Klimawandels und der Zweifel an den Segnungen von Wirtschaftswachstums und Kapitalismus, von Innovation und Technik(solutionismus) zu. So schreibt der Thinktank Agora Energiewende: „Rund vier von fünf Deutschen geben an, die Auswirkungen der Klimakrise bereits in ihrem täglichen Leben zu spüren (79 Prozent, EIB 2022).

 

Eine ähnlich große Mehrheit macht sich Sorgen wegen der Folgen der Klimakrise (78 Prozent, More In Common 2022a). In Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen sieht eine überwältigende Mehrheit von 82 Prozent der Deutschen einen großen oder sehr großen Handlungsbedarf beim Klimaschutz (Infratest dimap 2022)“ (Agora Energiewende 2022, 79). Während Mainstream-Medien und konservative Politiker:innen versuchen, die Aktist:innen als ‚Klima-Terrorist:innen‘ zu kriminalisieren.

Nicht zuletzt die Unfähigkeit der Politik, geeignete Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, verstärkt einmal mehr für viele Menschen den Eindruck, dass die (auch nur ansatzweise demokratische) Vertretung ihrer Interessen nicht gesichert ist4 – wie auch bei vielen anderen Themen: von der Altersvorsorge, Frieden, Armut, Gesundheitssystem, etc. Dieser Zweifel wächst nicht zuletzt auch gegenüber einer zunehmend sich populistisch und aggressiv agierenden (Post-)Demokratie mit Tendenzen zum Autokratismus, Polarisierung und Meinungseinfalt. Man denke an die Kritik sogenannter ‚Covidioten‘ und ‚Putinversteher:innen‘ – und jetzt eben an ‚Klimaterrorist:innen‘: An Personen, die es wagen, in einer Demokratie nicht der (Medien-)Mehrheitsmeinung zu folgen, die andere Formen von solidarischer Gemeinschaft entwickeln und mit gewaltfreiem zivilen Widerstand die Einhaltung völkerrechtlich verbindlicher5 Ziele einfordern. Es ist mehr als eine Krise des Parlamentarismus, wenn ein technisch hochgerüsteter Staat mit immer weiter verschärften Polizeigesetzen gegen diese Klimaaktivst:innen vorgeht, um die Profitinteressen der Energiekonzerne zu schützen und die Pariser Ziele ignoriert6. ‚Es gibt ein richtiges Kleben im Falschen‘7 (Peng! 2022) Und es macht Hoffnung, dass sich immer mehr Menschen weltweit Regierungen entgegenstellen und sofortige Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele fordern, um das Reißen der Klima-Kipppunkte zu verhindern. Dabei geht es vielen um eine umfassende gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Transformation, die mehr sein soll als ein grün(angestrichen)er Kapitalismus. Eben: ‚System Change Not Climate Change‘. Für viele Menschen wird immer deutlicher, dass die immanente Wachstumslogik des Kapitalismus8 als auch die damit einhergehenden ausbeuterischen, patriarchalen und rassistischen Herrschaftsverhältnisseiner der Hauptursachen für die Klimakatastrophe ist9. Gerade mit Blick auf den Globalen Süden wird immer häufiger Übergangsgerechtigkeit10 für diejenigen gefordert, die wenig CO² emittieren, aber am meisten unter dem Klimawandel leiden.

Doch die Politik setzt weiter auf den sogenannten Green New Deal – letztlich auf die Fortsetzung des business as usual mit Hilfe von grünem Wasserstoff, vagen Hoffnungen auf Kernfusion und noch nicht vorhandene gute Speicherlösungen für Solar- und Windenergie. Wirtschaft und konservative Politik prognostizieren natürlich eine schnelle Lösung dieser Probleme. Auch in den 1970er und 80er Jahren versprach man eine baldige Lösung für die sichere Lagerung des Atommülls. Wir warten noch heute darauf. 1,5 Grad, das Ende der Fortschrittsgeschichte – und eine neue Revolution? Anders als in den 1970ern ist die Fortschritt- und Technikgläubigkeit heute brüchig. Das Vertrauen in eine rein technokratische Lösung von politischen und ökologischen Fragen ist nicht zuletzt angesichts der sich beschleunigenden ‚Risikogesellschaft‘ (Beck) mit ihren atomaren Katastrophen – von Tschernobyl, Sellafield und Fukushima bis zu den ukrainischen Atomkraftwerken als Kampfziele, den verheerenden Folgen des Uranabbaus u.a. in Länder wie Kasachstan oder Niger – verschwunden. Doch der Kampf um das 1,5 Grad-Ziel ist für viele Kritiker:innen auch mit der 4 siehe u.a. Blasberg 2022 sowie die narrativen Interviews der Studierenden in Staab 2022

 

Hoffnung auf eine solidarische(re) Lebensweise mit Mensch und Natur verbunden: „Wir erleben eine Revolution für das Leben. Seit knapp zehn Jahren zeigt sich ein neuer Typus von Protest.

Dieser Protest ist weder eine Wiederaufnahme der sozialen Revolutionen von vor gut einhundert Jahren noch lediglich eine Fortsetzung der über fünfzig Jahre währenden Bürgerrechtsbewegungen. Die neuen Formen des Widerstands gehen von einer Mobilisierung für akut bedrohte Leben aus und kämpfen für die Aussicht auf geteiltes, gemeinsam gewährtes und solidarisch organisiertes Leben.“

(Redecker 2020, 10f.)

 

Doch (wie) schaffen wir diesen Übergang von einem profitorientierten Kapitalismus – der Mensch und Natur allein als Ressource rechnen kann – hin zu neuen Formen internationaler Kooperation, die eine radikale Umstellung der fossil geprägten Lebens- und Arbeitsweisen des globalen Nordens, die radikale Reduzierung der Treibhausgase, eine faire und solidarische Wirtschaft und ein menschenwürdiges Leben für Alle ermöglicht? Ulrike Herrmann, Journalistin und gelernte Betriebswirtin, bemängelt zu Recht: „In der Klimadebatte wird stets suggeriert, dass wir die Lösung schon hätten und allein der politische Wille fehlt. Doch tatsächlich gibt es bisher kein Konzept, wie sich der Kapitalismus friedlich beenden ließe.“ (Herrmann 2022, 14f.) Nach ihrer Tour de Force durch die Geschichte des Kapitalismus in ihrem Buch ‚Das Ende des Kapitalismus‘ schlägt sie ein Modell vor, dass ihrer Meinung als einziges für diesen radikalen Umbau taugte, weil es sich schon einmal historisch bewährt hat: Die englische Kriegswirtschaft von 1939-1945. Angesichts der Bedrohung durch Nazi-Deutschland musste England damals unter Aufbietung aller Kräfte rasend schnell eine umfassende Kriegsindustrie aufbauen. Dies wurde durch eine staatlich gelenkte Planwirtschaft realisiert. Die Industrie wurde nicht privatisiert, aber der Staat gab vor, was produziert wurde. Der Konsum der Lebensgrundlagen wurde damals – und sollte auch heute – für alle Menschen in gleicher Weise rationiert – um Ressourcen für das anvisierte Ziel freizusetzen und eine gemeinsame Anstrengung möglich zu machen, denn: „Der Klimaschutz hat nur eine Chance, wenn alle gleich belastet werden.“ (Herrmann 2022, 249) Was aktuell bedeuten würde: „jeder Erdbewohner dürfte nicht mehr als eine Tonne CO² emittieren. Für Malawi bliebe dennoch viel Raum, um sich weiterzuentwickeln, denn seine Bewohner stoßen derzeit im Durchschnitt nur 100 Kilogramm Kohendioxid im Jahr aus. Verzichten müßte der globale Norden – und dort vor allem die Wohlhabenden.“ (Herrmann 2022, 249) – die nun keine 117 Tonnen CO² mehr verbrauchen dürfen. Doch Herrmann beruhigt auch: es gäbe weiter Urlaub, Restaurantbesuche, Smartphone oder Bücher – aber eben keine Flugreisen, Individualverkehr oder exzessiven Fleischkonsum (Herrmann 2022, 250) Ein wesentlich konservativeres Modell zur Erreichung der Klimaziele zur Brechung „mit dem Selbstzweck der Kapitalakkumulation“ (Staab 2022, 197) schlägt der Soziologe Philipp Staab vor. Er empfiehlt eine kybernetisch-staatliche bzw. ‚protektive Technokratie‘ (Staab 2022, 178ff). Für ihn sind die „Möglichkeiten, mit weiterer Demokratisierung der entsprechenden Probleme Herr zu werden“ (Staab 2022, 178) begrenzt und er plädiert für eine „strategische Entpolitisierung bestimmter Fragen und Bereiche (Staab 2022, 180). Für ihn geht es um „neue, technik- und expertisegestützte Herrschaftsformate (…). Digitale Steuerungstechnologien … [sollen JW] komplexe Gefahrenlagen einschätzbar sowie bearbeitbar … machen und damit letztlich neue gesellschaftliche Koordinationsweisen in Aussicht (…) stellen …“ (Staab 2022, 182f.) Künstliche Intelligenzen – datenbasierte Algorithmen – sollen menschliche Entscheidungsträger:innen unterstützen – und diese langfristig ersetzen. Auch wenn dabei Unfälle und Freiheitsverluste passieren werden (Staab 2022, 184), wäre so das „entpolitisierte Management gesellschaftlicher Selbsterhaltung“ (ibid.) und eine Entlastung von heroischer Selbst- und Weltgestaltung jenseits alter Fortschrittsnarrative möglich. Angesichts der beeindruckenden sozialen und politischen Kraft der jungen Klimaaktivist:innen überrascht es mich, eine alte kybernetische Allmachtsphantasie wie das chilenische Cybersyn aus der Mottenkiste der Technikgeschichte zu holen, um unseren aktuellen Probleme zu lösen.

Algorithmen sind nicht – wie hier behauptet wird, ‚eigeninitiativ‘. Man kann sie auf Optimierung trimmen, aber das ist etwas anderes. Gefahreneinschätzungen durch Algorithmen konfigurieren sich nicht von allein. Es gibt eine breite Forschung in den Science & Technology, in den Critical Data 3 und Algorithm Studies11, die schon lange nicht nur darauf hinweist, dass in Technik spezifische Werte und Weltsichten eingeschrieben werden. Und dass Algorithmen häufig einen systematischen Bias aufweisen – was etwas anderes ist, als ein Unfall, sprich einzelner Irrtum, der dann zu einem arbiträrern Freiheitverlust führen kann. Es gibt für viele Bereiche (Justiz, Evaluation, Schufa, etc.) nicht nur zahlreiche Beispiele von systematischer Ausgrenzung von Frauen, PoC, sondern auch für die Produktion von Ungleichheit, weil man wichtige Fragen wie z.B. die nach sozialen Machtverhältnissen nicht gestellt, die entscheidenden Parameter falsch gesetzt, Kontextualität vernachlässigt hat und Verantwortung kein zentrales Kriterium bei der Ausgestaltung der Algorithmen war12.
Aber was möglicherweise noch wichtiger ist: Es sind große High-Tech Firmen, die auf der Basis ihrer spezifischen Interessen viele dieser Algorithmen schreiben / modellieren lassen und es sind bisher primär weiße, junge, männliche Menschen mit entsprechenden spezifischen Weltsichten und Interessen, die diese Algorithmen ausformulieren. Und wir haben riesige Datencorpora, die von diesen Algorithmen mitkonfiguriert wurden. Geben Sie mal den Begriff ‚Vorstandsvorsitzender‘ in eine Bilder-Suchmaschine ein: Sie werden fast nur Männer angezeigt bekommen. Auf dieser Basis spricht möglicherweise der Algorithmus dann seine prädiktiven Empfehlungen aus. Wir brauchen keine Ready-Made-Algorithmen, die ‚selbst lernen‘, sondern eine wirklich demokratisch abgesicherte Entscheidung darüber, wie wir die Pariser Ziele erreichen können und wollen. Und die aktuelle Entwicklung lehrt uns einmal mehr, dass man hier nicht einfach Regierungen top-down oder selbstlernende Algorithmen entscheiden lassen kann. Sicherlich ist es nicht einfach hier Lösungen zu finden, aber gerade die Versuche der jungen Klimaaktivist:innen neue Formen der Solidarität, des gemeinsamen, sorgsamen Lebens und der kooperativen Entscheidungen zu finden, sollte ein Anstoss sein, hier andere Modelle für echte Demokratie zu entwickeln. Und gerade weil wir wenig Zeit haben, haben wir allen Grund, offen für Neues sein. Möglicherweise ist der Vorschlag von Ulrike Herrmann, uns an der Kriegswirtschaft Großbritanniens in den frühen 1940er Jahren zu orientieren, erstmal eine brauchbare Grundlage. Aber mir scheint es auch schlüssig, dass ihre Umsetzung nur gelingt, wenn wir möglichst viele Menschen dabei mitnehmen und den Job nicht primär den Algorithmen überlassen. Die „Gouvernementalität des Auto-Managements“ (Kitchin/Dodge 2011, 85f) ist zentraler Teil unseres Problems – und nicht die Lösung.

 

1 United Nations Framework Convention on Climate Change 2016
2 Grisard 2022
3 Ebd.

4 siehe u.a. Blasberg 2022 sowie die narrativen Interviews der Studierenden in Staab 2022
5 United Nations Framework Convention on Climate Change 2016
6 Grisard 2022
7 Peng!-Kollektiv 2022
8 vgl. u.a. Moore 2019, Herrmann 2022
9 vgl. u.a. von Redecker 2020, Moore 2019
10 Das bedeutet, „Forderungen nach einer just transition mit Forderungen nach Umweltgerechtigkeit zu
verbinden“ (Taube 2022)

11 vgl. u.a. boyd / Crawford 2012, Kitchin/Dodge 2011, Weber/ Prietl 2021, Suchman 1986
12 vgl. u.a. AlgorithmWatch et al. 2020, Balayn et al. 2021, Weber/Prietl 2021

 

Literatur:
Agora Energiewende (2023): Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2022. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2023. www.agora-energiewende.de
AlgorithmWatch and Bertelsmann Stiftung (2020) Automating Society Report 2020. Available at: https://automatingsociety.algorithmwatch.org
Balayn Agathe / Gürses Seda (2021) Beyond Debiasing: Regulating AI and its inequalities. https://edri.org/wp-content/uploads/2021/09/EDRi_Beyond-Debiasing-Report_Online.pdf.
Blasberg, Anita (2022): Der Verlust. Warum nicht nur meiner Mutter das Vertrauen in unser Land abhanden kam. Frankfurt a.M.
Blunck, Thomas: Klimawandel und La Niña treiben Schäden: die Naturkatastrophen-Bilanz 2022; https://www.munichre.com/de/unternehmen/media-relations/medieninformationen-und-unternehmensnachrichten/medieninformationen/2023/naturkatastrophen-bilanz-2022.html
boyd danah / Crawford, Kate (2012) Critical Questions for Big Data. Information, Communication & Society 15(5). 662–679.

Grisard, Manuel (2022): Tagebau Garzweiler. In allen Szenarien wird die Kohle unter Lützerath nicht benötigt. In: https://www.energiezukunft.eu/politik/in-allen-szenarien-wird-die-kohle-unter-luetzerath-nicht-benoetigt/
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Österreichischer Kunstpreistermin

Ort: [esc] medien kunst labor

Verleihung des Österreichischen Kunstpreises

Die Auszeichnung ist mit 15.000 Euro dotiert.

Empfangen wurden diesmal darüber hinaus auch die Preisträger:innen der Jahre 2021 und 2020, die pandemiebedingt bisher nicht gefeiert werden konnten. Die Auswahl der Preisträger:innen erfolgt durch unabhängige Fachjurys.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte den Preisträger:innen in seiner Eröffnungsrede und hob die gesellschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit hervor: "Es ist die Kunst, die unsere Gesellschaft in Bewegung hält. Kunst steigt uns auf die Zehen – mit voller Absicht – und entschuldigt sich nicht einmal dafür! Und das soll sie auch nicht. Wir brauchen jemanden, der uns auf die Zehen steigt. Der uns hilft, die Welt um uns herum in neuem Licht zu betrachten. Kunst hält uns allen einen Spiegel vors Gesicht. Was immer wir dort sehen, kann einen großen Anstoß zu Veränderung bedeuten. Und das ist etwas, das die Welt ganz dringend braucht."

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer: "Heute sind Superlative angebracht und genau richtig. Diese Preise sind eine Anerkennung für absolute Spitzenleistungen, für künstlerische Ausnahmeerscheinungen und nicht zuletzt für Ihr Engagement und Ihre Hingabe, mit der Sie an Ihrer Kunst arbeiten. Denn Kunst, das künstlerische Schaffen, ist das Zentrum unserer Kultur, der kreative Kern des Kulturbetriebs."

Der Österreichische Kunstpreis wird etablierten Künstlerinnen, Künstlern und Kulturinitiativen für ihr Gesamtwerk zuerkannt und jährlich vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport vergeben.

 

Jurybegründung Österreischischer Kunstpreis 2020: 

 

Künstliche Intelligenz, Gentechnologie, Robotik, Prothetik, Geopolitik, Feminismus und urbane Netzwerke. Das sind nur einige der Themen, die aktuell im esc medien kunst labor verhandelt werden.

Im August 1993 in Graz gegründet, macht sich diese Initiative seither auf den Weg, die Auswirkungen von Technologie auf Gesellschaft mit den verschiedensten künstlerischen und wissenschaftlichen Ansätzen zu ergründen. Dabei wird auch vor dem Orbit nicht halt gemacht und schon mal ein gemeinsam mit Künstler*innen und Techniker*innen entwickelter Satellit in die Erdumlaufbahn geschossen. Das Wort "gemeinsam" steht im Mittelpunkt der Arbeit von esc: die gemeinsame Entwicklung von Projekten mit Künstler*innen, die Lust am gemeinsamen Experimentieren und am gemeinsamen Draufkommen dessen, was Gesellschaft gerade ausmacht. Das ist es, was die beiden Betreiberinnen des esc antreibt.

Reni Hofmüller und Ilse Weber sind die umtriebigen Persönlichkeiten hinter der Medienkunst-Initiative. Wobei Medienkunst? Die ist nur ein – wenngleich wichtiger – Teil des Ganzen. Interdisziplinäres Denken zwischen Kunst, Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft wird groß geschrieben. Das "esc" selbst schreibt man hingegen klein, steht es doch auch für den Ausstieg, das Entkommen oder die Flucht. Nicht im Sinne eines Fatalismus, vielmehr im deleuzianischen Verständnis als Fluchtlinie für einen Sprung in andere Territorien, um mit dem Wissen aus diesen wieder zurück in die Mitte zu kommen.

Das trifft auch für die Wanderung der Homebase von esc zu. Begonnen wurde in der Plüddemanngasse im östlichen Grazer Stadtbezirk Waltendorf, danach ging es in die Jakoministraße und im September 2013 landete das Labor im Palais Trauttmansdorff in der Bürgergasse im Herzen der Stadt. Dort wird produziert, kooperiert und vernetzt, gezeigt und vermittelt, diskutiert und dokumentiert. Das esc versteht sich dabei nicht als Galerie oder gar als Museum, sondern als offener Kunstraum, der immer wieder aus den engen grenzen der White und Light Cubes ausbricht. Wert wird daher darauf gelegt, dass nicht bloß fertige Arbeiten präsentiert werden, sondern der prozesshafte Charakter der künstlerischen Produktion sichtbar wird.

Mannigfaltig sind auch die Verwurzelungen und Verästelungen, die das esc von Graz ausgehend geschlagen hat. Kooperationen mit lokalen Kunsteinrichtungen, Universitäten, Fachhochschulen oder dem freien Radio gehören genauso dazu wie mit internationalen Akteur*innen. Im Rahmen des esclab wird etwa gezielt die Zusammenarbeit österreichischer Künstler*innen mit Künstler*innen aus anderen Nationen wie Australien, Kanada, Mexiko, Chile, Südafrika, den Vereinigten Staaten oder dem gesamten europäischen Raum gefördert.

 

Es bleibt zu wünschen, dass die Kunst- und Theorie-Maschine des esc auch weiterhin weit über die Grazer Grenze hinaus wirkt, sich renitent gegen den Mainstream stellt und sorgfältig an spannenden Netzwerken webt.

 

Mit anderen Worten: :(){ :⎪:& };:

Thomas Philipp, für den Kulturinitiativenbeirat, Bundeskanzleramt, Sektion II: Kunst und Kultur

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